Die bonvinitas Weinbewertungen sind absolut neutral und unabhängig. Fachleute, die sich großenteils untereinander nicht kennen, werten in Teams in Blindproben. Von bonvinitas selbst wertet niemand mit, auch ich nicht. Ich protokolliere nur. Natürlich sind viele Weine interessant, und ich probiere sie mit, jedoch ohne Wertung. Die bestbewerteten Tropfen verkoste ich dann in Ruhe nach für die Berichte:
Sehr gut abgeschnitten hat das Wein- und Sektgut Wilhelmshof in Siebeldingen, Pfalz: Besonders gefreut hat mich, dass ein Wein der Kategorie 1 (12%, grüne Punkte) 89 bonvinitas Punkte erzielte. Zeigt dies doch, dass es für einen sehr guten Wein nicht viel Alkohol braucht. Im Gegenteil, ich habe das Gefühl, dass die Welle „je dicker und schwerer je besser“, langsam abklingt. Das wäre nicht nur der Gesundheit und Spannkraft zuträglich, sondern auch dem Weinbauland Deutschland. Wobei ich keine Vorurteile gegen Gewächse aus dem Süden hege. 2014 Siebeldinger Grauer Burgunder Kabinett trocken (im WINE GUIDE) nennt sich das Gewächs aus der Lage „Im Sonnenschein“, das mit 12% Alkohol bestens auskommt: Ansprechendes Bukett mit Noten von reifen Äpfel, Zitronensaft, getrockneten Birnenschnitzen; mit weinigem, im Frucht-Säurespiel sehr schön ausgewogenem Körper mit lebendig-reifem Finish. Ein schönes Beispiel, dass auch Grauburgunder sehr elegant sein können. Ein Wein, der gut zu Salat mit Putenstreifen, Muscheln, Fisch gedünstet oder Schweinebraten nicht zu stark gewürzt passt.
92 bonvinitas Punkte in der Kategorie 2 (über 12%, rote Punkte) erzielte die 2014 Riesling Spätlese trocken aus der Lage Frankweiler Kalkgrube, ebenfalls vom Wein- und Sektgut Wilhelmshof: Schöne Rieslingnase mit Anklängen an Zitronensaft, Kiwis, reife Pfirsiche und einem Hauch Karamell; mundfüllender Körper mit viel Rückgrat und Schmelz mit angenehm herbem Finish. Ein eleganter Tropfen, noch jung, der eine weitere schöne Entwicklung erwarten lässt. Stand heute gut zu Antipasti misti, Schalentieren, Spargel oder Kalbsfrikassee (im WINE GUIDE).
Und mit einem dritten Tropfen war der Wilhelmshof mit 90 bonvinitas Punkten in der Kategorie 2 erfolgreich: 2014 Siebeldinger Sonnenschein Weißer Burgunder Spätlese trocken - im Bukett Noten von frischen Äpfeln, Zitronensaft, Spargel mit einem Hauch Krokant, am Gaumen weich, mundfüllend mit Schmelz und weicher Tiefe im Finish. Ein Wein mit noch etlichen Jahren Zukunft. Es dürfte interessant sein, ihn in drei oder vier Jahren zu probieren und die Entwicklung zu erleben. Schön zu Räucherfisch, Kalbschnitzel, Pfifferlingen oder Steinpilzen in Rahm (im WINE GUIDE).
Mit ihrem 20 Hektar Wein- und Sektgut Wilhelmshof gehen Barbara Roth und ihr Ehemann Thorsten Ochocki ganz eigene Wege, ja aus heutiger Sicht eigentlich traditionelle: „Wir halten am System der Prädikatsweine mit Kabinett und Spätlesen fest, die nicht angereichert werden dürfen, auch wenn heute 70 % bei den amtlichen Weinprüfungen als Qualitätsweine eingereicht werden“, erklärt Barbara Roth. Gemeint ist, dass viele Winzer eigentliche Kabinett- und Spätlesequalitäten anreichern, um sie im Alkohol anzuheben, wodurch sie zwar schwerer werden, aber „nur“ noch Qualitätsweine sind. „Dann basteln viele ihre eigenen Qualitätsabstufungen. So wird alles immer unübersichtlicher“, fährt sie fort. „Wir Deutsche können leichte Weine“, lautet ihre Überzeugung, „und damit können wir uns im Markt und auch international profilieren.“ So ist der Graue Burgunder Kabinett trocken, der 89 Punkte in der Kategorie 1 erzielte, absolut überzeugend. Die beiden halten also bewusst auch an trockenen Spätlesen fest. „Obwohl viele Verbraucher meinen, Spätlesen seien süß“, meint Roth. Ich bin unseren Prüfern gefolgt, die Weine haben überzeugt, auch eine Grauburgunder Spätlese, die ebenfalls 88 bonvinitas Punkte erzielte.
Nichts kommt von ungefähr, Roth und Ochocki sind „Geisenheimer“, das heißt sie haben die bekannte Fachhochschule, die sich heute sogar Universität nennt, durchlaufen. Dann folgten Praktika in vielen Ländern, von Canada über Südafrika und Neuseeland bis zu bekannten Gütern in Frankreich sowie auch bei deutschen Topwinzern. Vier traditionelle Sorten stehen im Vordergrund, Riesling, Weiß- und Spätburgunder mit je 30 %, ferner Grauburgunder. Ansehnliche 50% werden als Winzersekt – nur aus eigenen Grundweinen – ausgebaut. Die Liste der Auszeichnungen auf der Website liest sich lange.
Sprung nach Südafrika: Ansehnliche 88 bonvinitas Punkte erzielte der 2014 Chenin blanc des Weinguts L’Avenir in der Kapregion Stellenbosch: Füllige Nase mit Noten von Stachelbeermarmelade, Kiwis, Hagebutten; auf der Zunge ein kräftiger, weicher und fülliger Tropfen mit saftig frischem Finish, das in leicht nussigen Noten ausklingt. Schön zu Räucherfisch, sowie zu würzigeren Fleischgerichten mit Curry oder leichter Schärfe. Via Importeur findet sich der Wein vor allem auf gut sortierten Weinkarten der Gastronomie sowie im Weinfachhandel. Das 27 Hektar Gut L’Avenir gehört zur internationalen AdVini-Gruppe. So besteht ein reger fachlicher Austausch mit den zur Gruppe gehörenden Kellermeistern in Frankreich. Chenin blanc ist eine schon seit dem 9. Jahrhundert bekannte Weißweinrebe aus der Gegend von Anjou. Sie gehört zu den Edelreben und wird außer in Frankreich vor allem in Südafrika, Kalifornien und Südamerika angebaut. Der weitere Sortenspiegel von L’Avenir lautet Sauvignon Blanc, Cabernet Sauvignon, Cabernet Franc und Merlot. Dir Rotweine reifen in Barrique (im WINE GUIDE).
Mit ebenfalls 88 bonvinitas Punkten in der Kategorie 2 bedachten die Prüfer den 2013 „Pax Veritas“ Forster Ungeheuer Riesling trocken vom Weingut Josef Biffar in Deidesheim, Pfalz: Reifer Duft mit Noten von gelben Pfirsichen, Zuckermandeln, weißer Schokolade; vollmundiger, sehr schön zwischen Kraft und Rasse ausgewogener Körper mit kräftig-rassigem gut von der Kraft ummantelten Rieslingfinish – ein Wein mit Charakter, der Spaß macht. Schön zu Fisch fritiert, geräucherter Forelle oder eingemachtem Kalbfleisch (im WINE GUIDE).
Das Familienweingut Biffar ist äußerst interessant, wird es doch von der Japanerin Fumiko Tokuoka geleitet. Seit 19 Jahren lebt sie in Deutschland und ist Absolventin der Wein-Fachhochschule Geisenheim. 2013 hat die japanische Unternehmerfamilie Tokuoka das Weingut gekauft, nach dem sie vorher viele Jahre erfolgreicher Pächter des sehr bekannten Deidesheimer Weinguts Reichsrat von Buhl war. Vorherrschende Rebsorte ist Riesling. Man kann es sich leisten, die Weine bis in den nächsten Herbst auf der Feinhefe reifen zu lassen, und dann erst abzufüllen. 7,5 Hektar werden biodynamisch bewirtschaftet in so erstklassigen Lagen wie Forster Ungeheuer, als „Großes Gewächs“ klassifiziert, oder Forster Pechstein, wo sich Basalteinlagerungen finden. Über 80% der Ernte werden versektet. Manche Sekte reifen über fünf Jahren in der Flasche auf der Hefe, bevor sie degorgiert werden. „Wir haben noch Bestände aus unserer Zeit Reichsrat von Buhl, die wir erst bei Bedarf degorgieren und in den Verkauf bringen. Wir besitzen für die Sektbereitung die vier- bis fünffache Kelterkapazität, als es für Wein nötig wäre, weil Sektgrundweine sehr, sehr schonend gepresst werden müssen, damit sie so wenig wie möglich störenden Gerbstoff enthalten, was Zeit und Kelterkapazität braucht “, so Tokuoka. Dies beweist, dass es für beste Qualitäten nicht nur guter Lagen und Know-how bedarf, was auch Kellermeister Michael Leibrecht besteuert, sondern auch genügend Kapital, um diese Reifezeiten zu ermöglichen. Kapital, das man hat. Außerdem bietet das Weingut ein Restaurant, in dem japanische Küche mit deutschen Weinen kombiniert wird.
94 bonvinitas Punkten in der Kategorie 4, edelsüß, bewerteten die Prüfer die 2011 Riesling Auslese Erdener Treppchen vom Weingut Albert Schwaab in Erden, Mosel: edle Blume, aus der bei absoluter Frische viele tropische Früchte „aufsteigen“, keine Spur von Botrytis; auf der Zunge blitzsaubere ausladende Fülle und Frucht mit ebenso üppigem Finish. Eine aus 2011 noch junge, sehr frische wunderbar typische Riesling-Auslese. Auch keine Spur von Petrolnote, daher noch gut 15 bis 20 Jahren und mehr Zukunft, ein Schatzkammerwein! Schon heute sehr gut zum Repräsentieren und als Dessertwein (im WINE GUIDE). Das 8 Hektar Familienweingut Albert Schwaab in Erden an der Mosel besitzt unter anderem Flächen in der sehr bekannten Mosellage „Erdener Treppchen“, womit dieser Tropfen keineswegs von ungefähr kommt.
Natürlich darf ein edelsüßer Wein nicht fehlen. Mit stolzen
Dieter Simon, Chefredakteur bonvinitas