Bei der Verkostung "Anteprima Montepulciano d'Abruzzo" zeigten die Weinmacher aus der Region, dass sie mehr können als Massenwein – und das auch in Weiß.
Die Winzer der Region hadern mit dem Billig-Image ihres Hauptproduktes. Deshalb gingen sie in die Offensive und präsentierten im Juni auf der Expo in Mailand und kurz darauf in ihrer Heimatregion beim „Anteprima Montepulciano d'Abruzzo“ ihre Weine mit mehr Selbstbewusstsein. Ihre Botschaft: Der Montepulciano kann auch anders.
Überraschung: Er kann auch alterungsfähig sein
Das ist beim Großteil des Montepulciano d'Abruzzo allerdings anders – vor allem bei jenem, der für die Auslandsmärkte bestimmt ist. Er wird oft als anonymer Massenwein hergestellt, der nur wenige Jahre haltbar ist. Die Oberhand in der Region haben große Genossenschaften, die von Klein- und Kleinstanbauern das Lesegut kaufen. Die Trauben werden in der Regel mit hohen Erträgen angebaut – ein Relikt aus den 1970er Jahren.
Nicht verwechseln mit Vino Nobile
Oft verwechselt wird Montepulciano d'Abruzzo mit dem Vino Nobile di Montepulciano. Dieser stammt aus dem gleichnamigen Ort in der Toskana – und wird aus den Rebsorten hergestellt, die auch für den Chianti verwendet werden, also überwiegend Sangiovese und unter anderem Canaiolo und Trebbiano.
Dazu kommt, dass der Montapulciano d'Abruzzo, obwohl DOC-Herkunft, nicht in der Ursprungsregion abgefüllt werden muss. Oft wird er als Fasswein an große Kellereien in Norditalien weiterverkauft, die ihn weiterverarbeiten, abfüllen und exportieren. „So verlieren wir die Kontrolle über unseren Wein“, meint Valentina di Camillo, die mit ihrem Bruder Luigi das Weingut „I Fauri“ in der Provinz Chieti führt. Die Tenuta hat eine Entwicklung durchgemacht wie viele Familienweingüter: Der Großvater war noch Fassweinlieferant, die Elterngeneration stellte auf auf Flaschenwein und damit auf Qualitätserzeugung um. Die Kinder, die beide Weinbau studiert haben, sind nun daran, die Qualität weiter auszubauen und die Vermarktung zu verbessern. Ihr Paradewein ist der Montepulciano d'Abruzzo „Ottobre Rosso“, der im Edelstahltank ausgebaut wird. Trotz 14 Volumenprozent wirkt er frisch, sein intensives Bouquet erinnert an rote Früchte und Sauerkirschen.
Entdeckungen in Weiß: Pecorino und Coccociola
Ein Vorreiter bei der Renaissance des Coccociola ist das Weingut Valle Martello in der Provinz Chieti. „Der Coccociola ist sehr säurebetont, daran mussten wir drei Jahre lang arbeiten“, erinnert sich Katia Masci, die das Weingut mit ihren Brüdern betreibt. Ihr Coccociola „Brado“ hat noch immer eine recht prägnante Säure, schmeckt zitrus-frisch, die Fruchtaromen sind sehr dezent. „Der richtige Begleiter für Fischgerichte“, meint Katia Masci.
Stärker jedoch glauben die Winzer aber an den zugänglicheren Pecorino, der auch in Marken, Latium und Umbrien heimisch ist. Dass der Wein wie der bekannte Schafskäse heißt, liegt vermutlich daran, dass er einst an den Auf- und Abtriebspfaden der Schäfer am Appenin-Gebirge gepflanzt wurde. „Er hat weniger Säure, doch trotzdem eine gute Struktur“, meint Francesco d' Onofrio. Sein Pecorino „Diamine“ gibt florale und gelbfruchtige Aromen am Gaumen wieder. Andere typische Aromen für die Rebsorte können Apfel, Südfrüchte und Anklänge von Honig sein, wie beim „Pecorino dei Fauri“ der Familie Di Camillo.
Dranbleiben – Hinschmecken
Die Mehrheit der Abruzzen-Weine sind zwar noch immer Massenware. Doch die aktuelle Generation der Qualitäts-Winzer hat verstanden, dass sie ihre Anstrengungen publik machen müssen, etwa mit mehr Verkostungen und Werbung für die Abruzzen als Urlaubsregion mit Weintourismus-Angeboten. Denn so viel ist klar: Dem bisherigen Image ist nur mit direkten Gegenteil-Beweisen beizukommen.
Alle teilnehmenden Weingüter an der Anteprima Montepulciano d'Abruzzo 2015 sind hier zu finden.