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Der neue Weinbaupräsident: Weniger Brüssel ist mehr!

Interview mit Klaus Schneider, neuer Präsident des Deutschen Weinbauverbands

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Klaus Schneider, der neue Präsident des Deutschen Weinbauverbands. Copyright: DWVKlaus Schneider, der neue Präsident des Deutschen Weinbauverbands. Copyright: DWV
bonvinitas führte ein Interview mit dem am 22. Mai 2017 neu gewählten Präsidenten des deutschen Weinbauverbands, Klaus Schneider. „Weniger Brüssel“, lautet eines seiner Bekenntnisse, dennoch soll möglichst bis Jahresende ein neues EU-Bezeichungsrecht kommen. Eine neue Rolle sollen auch die „Schutzgemeinschaften“ spielen, die noch vielfach zu gründen sind, um geschützte Ursprungsbezeichnungen einzutragen. Diesen soll dann auch eine Rolle bei den Sortenfestlegungen zukommen. Ferner möchte er Winzer, Wissenschaftler und Industrie an einen Tisch bringen, um für den Klimawandel gerüstet zu sein.
 

bonvinitas: Sehr geehrter Herr Scheider, Gratulation zu Ihrer Wahl! Zunächst ein wenig Persönliches – vielleicht verraten Sie etwas über Ihre Herkunft und Ihren Werdegang?

Seit 1986 bewirtschafte ich gemeinsam mit meiner Frau den Jesuitenhof, ein Weingut in Dirmstein/Pfalz mit rund 25 Hektar Rebfläche. Im Anschluss an eine Winzerlehre Anfang der 80er Jahre studierte ich an der Fachhochschule in Geisenheim. Das Studium schloss ich mit dem Grad eines Diplomingenieur (FH) für Weinbau und Kellerwirtschaft ab. Seit 2012 ist unser Sohn Moritz in die Betriebsführung eingebunden.

bonvinitas: Öffentliche Ämter/Engagements – welche haben Sie bisher bekleidet bzw. möchten Sie weiterhin bekleiden. Vielleicht sagen Sie etwas dazu?

Ich bin seit 1992 in weinbaulichen Gremien, z.B. als Mitglied im Hauptausschuss des Weinbauverbandes Pfalz, engagiert, in Gremien der Weinwerbung, aber auch in anderen Gremien des landwirtschaftlichen Berufsstands. Mit der Übernahme des neuen Aufgabenbereichs als DWV-Präsident kommt die Mitwirkung in einer Vielzahl von Organisationen auf nationaler und europäischer Ebene auf mich zu, auf die ich gespannt bin und in denen ich mit vollem Engagement mitarbeiten möchte.  

Zur Zukunft des deutschen Weinbaus:

bonvinitas: Sortenpolitik – bei welchen Sorten würden Sie gerne eine Zunahme sehen und warum?

Für die Sortenpolitik gibt es zumindest zwei wesentliche Orientierungspunkte: Nachfrage der Kunden und Eignung für das Terroir, für das Klima, in dem die Weinberge liegen. Für die Sortenpolitik eines Gebietes werden in Zukunft die Schutzgemeinschaften eine zunehmende Rolle übernehmen.  

bonvinitas: Bezeichnungsrecht: Die klassischen Prädikatsbezeichnungen wie Kabinett und Spätlese spielen eine immer geringere Rolle. Viele Winzer haben eigene Qualitätsstufen entwickelt mit dem Nachteil der Unübersichtlichkeit. Sehen Sie in den kontrollierten Ursprungsbezeichnungen, wie Sie ja in den romanischen Ländern genutzt werden, eine Zukunft? Wie stehen Sie dazu?

Es ist sicher im Sinne der Konsumenten, aber auch der Winzer, die Unübersichtlichkeit durch individuelle Qualitätshierarchien zurückzuführen. Ich habe in der Mitgliederversammlung angekündigt, dass wir uns im Verband in den nächsten Monaten intensiv mit dieser Thematik beschäftigen werden. Wir hoffen, dass bis Ende des Jahres die lange diskutierten neuen Grundlagen des EU-Bezeichnungsrechts verbschiedet sind, so dass wir eine sichere Basis haben. Ja, ich messe den Weinen mit geschützter Herkunft eine große Bedeutung für den Absatz unserer Weine bei.

bonvinitas: Welche Möglichkeiten sehen Sie, den Marktanteil von deutschem Wein im Inland von megenmäßig ca. 50% zu halten?

Der Kunde ist König. Es muss uns gelingen, den Konsumenten die Vorzüge deutscher Weine rüberzubringen. Hierfür ist als Voraussetzung nötig, ständig an einer Optimierung der Qualität der Erzeugnisse zu arbeiten, sich auf die sich ändernden Absatzstrukturen einzustellen und mit adäquaten Kommunikationsmitteln zu arbeiten. Hierbei spielt für mich das Gemeinschaftsmarketing für deutsche Weine eine große Rolle. 

bonvinitas: Welche Möglichkeiten sehen Sie, den Anteil am Umsatz bzw. den Erlösen für deutschen Wein auszubauen – womit die Frage nach den Preisen verbunden ist?

Kurz und knapp: nicht in der Erhöhung der Produktionsmenge, sondern in einer kundenorientierten Qualitätspolitik.

bonvinitas: Export – Was meinen Sie, wie kann man den Export weiter ausbauen bzw. deutsche Weine im Ausland bekannter machen? Welches Profil sollten wir dabei in besonderer Weise schärfen bzw. das Image pflegen?

Der Deutsche Weinbauverband unterstützt aktiv die Arbeiten des Verbandes Deutscher Weinexporteure, in dem Weingüter, Winzergenossenschaften und Weinexportspezialisten zusammengeschlossen sind. Ich werde mich in Kürze mit den Vertretern des VDW treffen, um genau die Fragen zu erörtern, die Sie mir stellen. Danach werde ich mich gerne zu den Fragen äußern.

Brüssel:

bonvinitas: Welche gesetzlichen Änderungen streben Sie an und gegebenenfalls warum?

Weniger Brüssel ist mehr. Mehr Subsidiarität, mehr Zuständigkeit für die Mitgliedstaaten, nicht im Sinne einer Renationalisierung, sondern im Sinne einer Vereinfachung und Steigerung der Effektivität. Rahmen in Brüssel, strukturgerechte Ausführung auf regionaler bzw. nationaler Ebene.

Klimawandel:

bonvinitas: Wie kann der deutsche Weinbau auf den Klimawandel reagieren?

Erwarten Sie auf diese komplexe Frage einen oder zwei Sätze als Antwort? Die Winzer sind gewohnt, nachhaltig zu denken und zu arbeiten, Reben sind eine Dauerkultur. Sorgfältig beobachten, genau analysieren, Vorsorge für Extremsituationen schaffen; Wissenschaftler, Forscher, Industrie und Praxis an einen Tisch bringen, um Wissen und Erfahrung auszutauschen und Empfehlungen für die Praxis zu erarbeiten, die ständig überprüft und ggf. angepasst werden müssen. 

Ein Schlusswort: 

bonvinitas: Was wünschen Sie dem deutschen Weinbau für die Zukunft?

In der Champions League des Weltweinbaus ganz Vorne mitzuspielen. 

bonvinitas: Sehr geehrter Herr Präsident Schneider, wir wünschen Ihnen eine glückliche Hand und danken für dieses Interview.
 
Die Fragen stellte Dieter Simon, Herausgeber und Chefredakteur bonvinitas

 

 
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